Von Dr. Erwin K. Reichel, Scientists for Future Oberösterreich

Meine Vision für die Menschheit besteht in einer Zivilisation, die mit den ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen nachhaltig haushaltet und sich im Einklang mit ihrer natürlichen Lebensgrundlage friedlich weiterentwickelt. Noch nie waren die dazu notwendigen wissenschaftliche Erkenntnisse und technologischen Möglichkeiten so umfangreich wie heute. Allerdings scheinen unsere Methoden zur Entscheidungsfindung noch derart unausgereift, dass genau das Gegenteil erreicht wird. Mit den Argumenten des ewigen Wirtschaftswachstums beuten wir unsere Lebensgrundlage aus und verschmutzen sie über Zeiträume, die noch viele Generationen überdauern werden. Dabei heften wir uns die höchsten moralischen Werte an die Fahnen, die wir aber im Konsumrausch schnell vergessen. Weitblick und Rücksicht werden dann zu leeren Schlagworten, die den Versuchungen des Geldes geopfert werden.

Geld an sich ist eine abstrakte Größe, die es in der Realität nicht gibt. Und trotzdem wird dort investiert, wo es am meisten davon zu holen gäbe: in Kohle-, Öl- und Gasfelder, in Massentourismus sowie in unverhältnismäßige Immobilien- und Straßenprojekte. Das alles halten wir für unverzichtbar, um vorgeblich “unseren Wohlstand erhalten” zu können. Dabei ist diese Bequemlichkeit, in der wir leben, genau das, was am ersten den klimatischen Veränderungen zum Opfer fällt.

In einer steigenden Anzahl an Tropennächten und extremen Wetterereignissen merken wir das jetzt schon. Die Bemühungen, die es auf regionaler und internationaler Ebene gibt, um das Problem einzudämmen, gleichen bis jetzt einem Feigenblatt zur Gewissensberuhigung. Anpassungsmaßnahmen wie der Einbau von Gebäudekühlungen brauchen erst recht mehr Ressourcen und Energie. Dabei gibt es immer mehr Menschen, denen die Mittel dazu ausgehen. Im globalen Süden werden ganze Landstriche unbewohnbar, es folgen Hunger, Migration und Fluchtbewegungen. Die Klimakrise wird zur sozialen Krise, zu der es weder eine technologische noch eine wirtschaftliche Lösung gibt – zum Schluss verlieren alle.

Die positive Nachricht ist, dass wir es noch in der Hand haben. Durch einen Riesensprung in der Anwendung sozialer und technischer Innovationen kann es uns gelingen, der anfangs erwähnten Vision gerecht zu werden. Je länger wir warten, umso schneller und weiter müssten wir springen um nicht als vorübergehendes Phänomen in die Erdgeschichte einzugehen. Reichen wir uns die Hände, stecken unsere Köpfe zusammen und machen wir einen letzten Versuch, das Problem der fossilen Kohlendioxid-Emissionen gemeinsam, in Mitgefühl mit Kindern und Enkeln, und in Wertschätzung unserer Intelligenz zu lösen.

Wie kann der Riesensprung (Giant-leap) gelingen? Bericht “Earth4All Austria” des Club of Rome – Austrian Chapter: https://www.clubofrome.at/projekt-earth4all-oesterreich

Globales Aus für fossile Brennstoffe: https://fossilfueltreaty.org/

 

Anmerkung: Gastbeiträge sind keine Meinungsäußerung der Klima-Allianz OÖ