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Oberösterreich is(s)t klimafreundlich!

Das Land OÖ als Vorreiter in Sachen Ernährungswende!                                        

Einleitung

Auch wenn das Thema bei Diskussionen über politische Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung der Klimakrise bislang noch weitgehend auf der Strecke bleibt und Ernährung/Nutztierhaltung keinen eigenen Sektor auf der „Treibhausgas-Emissions-Torte OÖ“ in der Klima-ChallengeAusschreibung darstellt, teilen sich die in diesem Bereich erzeugten Emissionen in die angeführten Sektoren der Landwirtschaft (Tierhaltung), Energie & Industrie (Verarbeitung tierischer Produkte) und Verkehr (Transporte, Im- und Exporte von Produkten) auf. In Summe macht das „unsichtbare Tortenstück“ (vor allem global gesehen) einen so gewaltigen Prozentsatz aus, dass man diesen – selbst bei den vorsichtigsten Rechnungen – nicht ignorieren darf.

Ausgangslage

Einer der wichtigsten Hebel im Kampf gegen die Klimakrise und für eine nachhaltige Entwicklung ist eine Veränderung unserer Ernährungsweise, da ein hoher Fleischkonsum mit einem hohen Ausstoß an Treibhausgasen und extremen Umweltkosten verknüpft ist. Die Reduktion tierischer Produkte und die Bevorzugung pflanzlicher Lebensmittel bietet eine wichtige Möglichkeit, Ressourcen einzusparen und das Klima zu schützen (FAO 2017: 85f, Schlatzer 2013: 19ff). Die dramatischen Auswirkungen, die unser hoher Fleischkonsum mit sich bringt, sind heute durch zahlreiche Studien belegt. Die Futtermittelproduktion verursacht Distickstoffoxid (Lachgas), die Rodung von Wäldern für Weideflächen Kohlendioxid und die Verdauung von Wiederkäuern Methan (FAO 2017: 85f). Laut dem Statistical Yearbook der FAO von 2020 stammen rund zwei Drittel der landwirtschaftlichen Emissionen weltweit aus der Viehhaltung, allein die Emissionen aus der Verdauung von Wiederkäuern machen etwa 40% davon aus. Rindfleisch hat mit einem Wert von 26kg CO2-Äquivalent pro einem Kilogramm Fleisch durchschnittlich die höchste Emissionsintensität der Agrarrohstoffe, im Vergleich dazu kommt Getreide (ohne Reis) auf nur 0,2kg CO2-Äquivalent pro einem Kilogramm Getreide (FAO 2020: 38). Und die Fleischproduktion steigt weltweit weiter an. Wurden im Jahr 2000 109 Millionen Tonnen Fleisch produziert, wuchs die Produktion bis zum Jahr 2018 um 47% auf 342 Millionen Tonnen. 90% des in dieser Zeit produzierten Fleisches stammte von Schwein, Huhn und Rind (FAO 2020: 13f). Prognosen zeigen: Entscheiden wir uns nicht für eine grundlegende Änderung unserer Ernährungsweise, so werden die weltweite Fleischproduktion die damit verknüpften ökologischen Kosten, aber auch soziale Kosten (Anwachsen des Welthungers) in Zukunft dramatisch ansteigen. Die Bevorzugung pflanzlicher Lebensmittel vor tierischen Produkten stellt hier einen wichtigen Ansatzpunkt zur Verbesserung der Treibhausgasbilanz unserer Ernährung dar und bietet ein erhebliches Ressourceneinsparungspotential. Während rund 40% der Weltgetreideernte und 90% des weltweit angebauten Sojas an Tiere verfüttert werden, kann durch die im Fleisch enthaltene Kalorienmenge nur rund eine Milliarde Menschen ernährt werden. Würden diese Lebensmittel, die zurzeit in die Fleischproduktion fließen, direkt durch den Menschen konsumiert, so könnte damit der Kalorienbedarf von 3,5 Milliarden Menschen gedeckt werden. Eine Ernährungsumstellung ist somit zentraler Kernpunkt im Klimaschutz (FAO 2017: 86, Schlatzer 2013: 19ff).

Auch Österreich bietet bezüglich seines Fleischhungers kein positives Beispiel. Laut Statistik Austria lag der Fleischverzehr pro Kopf in Österreich im Jahr 2019 bei 62,6 kg, der Fleischverbrauch (Schlachtgewicht inklusive Teile, die nicht verzehrt werden) lag bei 93,8 kg pro Kopf (Statistik Austria 2019: 5, 7). Im europäischen Vergleich liegt Österreich damit auf Platz 3 (Global 2000 o. J.). Der aktuelle StartClimb2019.B-Endbericht (Teil des im Auftrag des BMLFUW, des BMWF, der Österreichischen Bundesforste und des Landes Oberösterreich durchgeführten Projektes StartClimb2019) zeigt: Momentan übersteigt der Fleischkonsum der Österreicher*innen die Ernährungsempfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung um rund zwei Drittel, Gemüse und Obst werden hingegen zu wenig konsumiert. Ein Vergleich der aktuellen durchschnittlichen Ernährung (omnivor) in Österreich mit Alternativmodellen zeigt: Die aktuelle durchschnittliche Ernährung verursacht pro Person jährlich in Summe 1467 CO2-Äquivalent, eine ovo-lacto vegetarische Ernährung 767 CO2-Äquivalent und eine vegane Ernährung lediglich 439 CO2-Äquivalent. Dies entspricht einer Treibhausgaseinsparung von 47,7% bei einer ovo-lacto vegetarischen Ernährung bzw. von 70,1% bei veganer Ernährung im Vergleich zur aktuellen fleischlastigen Ernährung. Noch größere Einsparungsmöglichkeiten ergeben sich, wenn gleichzeitig eine biologische Produktion der Lebensmittel gewählt wird (Schlatzer/Lindenthal 2020: 7, 18f).

Folglich ist die Umstellung unserer Ernährungsgewohnheiten eines der effektivsten Mittel, um der Klimakrise Einhalt zu gebieten, auch wenn in den Medien vorwiegend über die Pros und Kontras einer CO2-Steuer und erneuerbare Energien debattiert wird. Beschäftigt man sich eingehender mit den globalen Zusammenhängen, wird schnell klar, dass sich der Klimawandel allein durch derartige Regelungen nicht mehr stoppen lassen wird, wenn man den Aspekt der Ernährung und unseres hohen Fleischkonsums dabei völlig außer Acht lässt. 

Die Verantwortung der Politik

Die Wahl der eigenen Ernährungsweise ist zwar ein privater Entschluss, jedoch keine reine Privatangelegenheit. Zwar kann jede/r Einzelne tagtäglich mit seiner/ihrer Entscheidung klimafreundliche Mahlzeiten zu konsumieren, aktiv etwas bewirken – trotzdem darf diese Verantwortung keinesfalls von der Regierung auf den Privatbereich abgewälzt werden! Nachhaltige persönliche Entscheidungen dürfen nicht bloß von der Bevölkerung erbeten, sondern müssen von der Regierung auch entsprechend ermöglicht, vereinfacht und gefördert werden.

Der Auftrag des Landes ist es m. E. den Trend zur klimafreundlichen, pflanzlichen Ernährung (der in der Bevölkerung bereits spür- und messbar ist) zu fördern und Unternehmen, Institutionen, Bürger*innen und Arbeitnehmer*innen das Aufbrechen schädlicher Gewohnheiten und Traditionen ohne unzumutbaren finanziellen und logistischen Mehraufwand oder gar soziale Abstriche zu ermöglichen. Durch ein flächendeckendes, attraktives Angebot klimafreundlicher Alternativen im Ernährungsbereich, hat das Land OÖ die Chance Entscheidungen von Konsument*innen positiv zu beeinflussen, ohne in ihnen das Gefühl von Verzicht auszulösen.

Da wir aktuell in eine globale Lebensmittelkrise schlittern und Getreide zu einem Großteil als Nutztierfutter Verwendung findet, da in der Massentierhaltung Zoonosen entstehen, die als Auslöser von Pandemien bekannt sind, da für den Anbau von Tierfutter Regenwald gerodet wird und Fleischkonsum mit häufigen Zivilisationskrankheiten assoziiert wird, würde man beim Angehen dieses großen Themas automatisch auch noch jede Menge anderer untragbarer Missstände verbessern – ganz abgesehen von der ethischen Debatte zum Thema Fleischkonsum.

Was also tun?

Um Klimaneutralität zu erreichen und anderen Ländern und Staaten (die das Problem noch dringender anpacken müssten) ein Vorbild zu sein, sollte sich das Land neben den bekannten Bereichen intensiv auf den bisher kaum beachteten Sektor Ernährung konzentrieren und alles in seiner Macht Stehende tun, um nachhaltige Landwirtschaft zu fördern, um klimaschädliche Produktionsbedingungen und Strukturen sowie Produktion und Import von Billigfleisch einzudämmen, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden und einer klimafreundlichen Ernährung in allen beeinflussbaren Bereichen den klaren Vorzug zu geben. Konkret zum Beispiel:

  1. Das Land OÖ sollte unabhängige Expert*innen miteinbeziehen, entsprechende Recherchen und Studien zum Thema in Auftrag geben sowie Bürger*innen mehr in demokratische Prozesse einbeziehen, um für die jeweiligen Gegebenheiten und Situationen in Städten, Gemeinden und Betrieben, die besten Entscheidungen zu treffen und maßgeschneiderte Lösungen zu finden.
  2. Es sollten (an den heutigen Wissensstand angepasste) Weiterbildungen und Umschulungen für themenrelevante Berufsgruppen (wie Landwirt*innen, Ernährungsberater*innen, Köch*innen, Ärzt*innen etc.), Workshops für Schüler*innen und die Bevölkerung angeboten, beworben und gefördert werden, um Vorurteile und Sorgen, die pflanzliche Ernährung betreffend, abzubauen.
  3. Klimaschädliche Praktiken und Strukturen in der Landwirtschaft sollten durch langfristig nachhaltige Systeme abgelöst werden. Landwirt*innen und Produzent*innen, die bereit sind, auf Alternativen zur Fleisch- und Milchproduktion umzusatteln (z. B. Edelpilzzucht, Produktion pflanzlicher Molkereiprodukte etc.) sollten entsprechend beraten und gefördert werden.
  4. Die Herstellung unserer Lebensmittel, ihre Inhaltsstoffe und die Auswirkung deren Produktion auf Mensch, Tier, Umwelt und Klima sollte auf allen Ebenen transparenter gemacht und Bürger*innen dazu ermutigt werden, ihre Ernährungsgewohnheiten zu ändern.
  5. Das Land OÖ sollte eine Vorbildfunktion einnehmen: In städtischen Betrieben, Kantinen und bei Veranstaltungen sollte ausschließlich(!) klimafreundliches Essen (möglichst saisonal, regional, vegan) angeboten werden. Entsprechend geschultes Personal sollte in der Lage sein, gesunde, schmackhafte Speisen zuzubereiten, um den Umstieg attraktiv zu machen. (Dies kommt mitnichten einem Fleisch-Verbot gleich! Im Gegensatz zu den Menschen, die sich klimafreundlich ernähren möchten und nur in ausgewählten Lokalen fündig werden, findet man umgekehrt an jeder Ecke Fleischkost. Dieser umweltschädliche Zustand sollte sich im Laufe der Zeit umkehren).
  6. Um die Bürger*innen für das Thema und die wesentlichen Sachverhalte/Zusammenhänge zu sensibilisieren und ihnen die damit in Verbindung stehenden Neuerungen näher zu bringen, wären entsprechende Infokampagnen vonnöten, die den/die Einzelne/n motivieren, etwas Neues auszuprobieren (z. B. Hinweise in Kantinen darüber, wie viel CO2 durch die bewusste Auswahl der Speisen in einer Woche gemeinsam „eingespart“ wurde. Leichter Zugang zu Tipps und attraktive Rezepte für die Ernährung zuhause). Auch die Ausmaße der Klimakrise, die Risiken, die diese in sich birgt und die Dringlichkeit, die sich daraus für unser gemeinsames Handeln ergibt, dürfen nicht länger ignoriert, sondern müssen ehrlich kommuniziert werden! Die Menschen sollen nicht in Panik versetzt werden, aber sie sollten nachvollziehen können, warum es dringend und unvermeidbar ist, mit alten Gewohnheiten zu brechen. Hierbei ist es sehr wichtig, die Lage zu verdeutlichen und Lösungsvorschläge zu liefern, damit jede/r selbst tätig werden kann!
  7. Das Land OÖ sollte Bürger*innen, Unternehmen und Institutionen zur Nachhaltigkeit motivieren und sie bei ihren Bemühungen tatkräftig unterstützen, indem es z. B. Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung (nach dem Vorbild Frankreichs) setzt: Unternehmen, die einen Überschuss an Essen/Lebensmitteln produzieren, sollen diese nicht mehr wegwerfen und vernichten dürfen. Das Essen sollte stattdessen an soziale Institutionen verteilt werden. Ist dies nicht möglich, sollte das Land endlich funktionierende Strukturen dafür schaffen. Subventionen und Wirtschaftsförderungen sollen nur mehr an nachhaltige Betriebe vergeben werden.
  8. Betriebskantinen, Großküchen, Cafeterien und Gastronomiebetriebe sollten dazu ermutigt werden, ein tägliches Angebot an klimafreundlichen Speisen bereitzustellen, um den Bürger*innen und Arbeitnehmer*innen eine Wahl überhaupt erst zu ermöglichen! Auch hier sollte das Personal entsprechend geschult werden, schmackhaft, gesund und abwechslungsreich zu kochen, um den Umstieg für Konsument*innen attraktiv zu machen. Zudem sollten einige fixe fleischfreie (bzw. vegane) Tage in den Kantinen eingeführt werden, was zusätzlich zum angestrebten Nutzen auch noch einen positiven Effekt auf die Gesundheit der Verbraucher*innen haben sollte. Entsprechende Umstellungen und Schulungen im Betrieb sollten gefördert werden.

Eine ausgearbeitete Projektskizze, wie eine erste derartige Pilot-Kampagne beispielsweise in der Stadt Linz ganz konkret aussehen könnte, findet sich inklusive Zeitplan und grober Kostenschätzung im Anhang.

Los geht’s!

Studien belegen, dass auch das Angebot die Nachfrage bestimmt und ein pflanzliches Angebot in Kantinen den Fleischkonsum tatsächlich reduziert: https://science.orf.at/stories/3211169/  Es ist also höchste Zeit Verantwortung zu übernehmen!

Supermärkte registrieren verkaufte Produkte, Restaurants passen ihre Auswahl der Nachfrage an, Catering-Services erfassen, was bei Veranstaltungen vom Essen übrigbleibt. Wenn das Land OÖ die Bevölkerung unterstützt und eine klimafreundliche Ernährung auch den Bürger*innen leicht zugänglich gemacht wird, die neben Arbeit und Familie verständlicherweise keine Ressourcen mehr aufbringen können, den Aufwand zu betreiben, den es heutzutage leider noch zeitlich, finanziell und gedanklich bedeutet, sich in Oberösterreich regelmäßig nachhaltig ernähren zu wollen, DANN können neue Gewohnheiten entstehen. Und nur so kann und wird sich die allgemeine Wahrnehmung auf Dauer umkehren: Nicht der Veggie-Day sollte die Ausnahme sein, sondern der Sonntagsbraten. Nicht der/die flexitarische Arbeitnehmer*in in der Kantine zum Leberkässemmerl verführt werden, weil er/sie nicht die Zeit und Energie hat, sich täglich selbst vorgekochtes Essen in die Arbeit mitzunehmen. Nicht der/die Veganer*in auf dem Stadtfest unfreiwillig zum sozialen Außenseiter gemacht werden, weil er/sie nichts auf der Speisekarte findet oder ihm/ihr mangels „Expertise“ der Caterer ein Salat ohne Dressing vorgesetzt wird, der den anderen Fest-Besucher*innen zwangsläufig das Vorurteil „pflanzliches Essen ist fad“ bestätigt.

Unsere Ernährungsweise ist gesellschaftlich ansteckend und hat großen Einfluss auf unser Umfeld.

Individuelle Entscheidungen von Konsument*innen können kollektives Handeln in Gang setzen.  Je mehr Menschen mitmachen, desto größer ist der Druck auf die Gesellschaft, den Markt und andere Staaten. Sofern wir JETZT beginnen umzudenken und nicht solange warten, bis uns die Klimakrise unseren neuen Speiseplan durch Lebensmittelknappheit, Überschwemmungen, Dürreperioden, … und ohne unser Recht auf Mitsprache(!) einfach aufzwingt, können wir einander zeigen, dass wir das Klima auch genussvoll retten könnten, ohne das Gefühl von Verzicht!

Lasst uns Österreichs Klimaschutzvorreiter und Vorbild für andere Länder sein! Lasst uns allen beweisen, dass eine zukunftsfähige Ernährungswende auch genussvoll klappt! Und los geht’s!

Einsenderin: Anna

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