Es ist Silvester und das ist natürlich der richtige Zeitpunkt, um Rückblick und Vorausschau zu halten.
Es war wieder einmal das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Zwischen ein paar ordentlichen Starkregenereignissen gab es auch wieder zwei sehr lange Trockenphasen. Dieser Mix ist eigentlich genau das, was uns die Klimaforscher vorausgesagt haben. Als Bauer weiß ich, dass man sich an diese Konstellation nicht wirklich anpassen kann bzw. kann man sich nicht darauf vorbereiten. Wenn wir wüssten, dass es trockener und wärmer wird, dann wäre es relativ einfach, aber heuer haben wir gesehen, dass es so nicht kommt. Im Frühling waren die Felder fast zu nass zum Bepflanzen, danach kam die Trockenheit, die verhinderte, dass die Pflanzen ihre Wurzeln im stark verschlämmten Lehmboden verzweigen konnten. Bei der Ernte hatten wir heuer Glück, da war es sehr trocken und wir konnten das Getreide recht unproblematisch abernten. Unsere deutschen Nachbarn hatten da weniger Glück – für sie kam die nächste anhaltende Regenperiode etwas zu früh und sie mussten zusehen, wie ihre Ernte auf den Feldern teilweise verfaulte. Dann kam der Herbst und es wiederholte sich, dass die meisten Früchte einfach einzubringen waren und erst ab Ende Oktober begann es zu regnen und hörte bis jetzt quasi nicht auf.
Es ginge zu weit, zu erklären, warum das der Klimawandel ist. Nur so viel: Der Nordpol wird wärmer und dadurch der Jetstream langsamer, die Wetterphasen werden dadurch stabiler, die Luft und die Meere sind wärmer. Deshalb kann die Atmosphäre mehr Wasser aufnehmen und auch wieder ablassen. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe, das als Bauer zu erklären, ich möchte vielmehr erklären, was unsere Herausforderungen der Zukunft sind.
Worauf bereite ich mich für das nächste Jahr vor? Was ist, wenn die Regenphasen in die Haupterntezeit im Juli oder Ende September und Oktober fallen? Welche Frucht werde ich nächstes Jahr wann ansähen und welche wird nächstes Jahr die besten Bedingungen haben? Das sind Entscheidungen, die in Zukunft immer wichtiger werden und die immer öfter danebengehen werden. Totalausfälle werden häufiger. Zum Glück gibt es noch Versicherungen, die diese Gefahren etwas dämpfen, aber ich weiß, je häufiger solche Schäden vorkommen, umso höher werden die Prämien, die zu zahlen sind und gleichzeitig werden sich die Regeln so ändern, dass die Auszahlungen nicht mehr fließen werden. Das sind also die Probleme, die uns der Klimawandel beschert und an denen in Zukunft auch die restliche Bevölkerung mitleiden wird. Denn irgendwann werden wir Bauern das Risiko, teures Saatgut und teure Betriebsmittel auf die Felder auszubringen, nicht mehr auf uns nehmen und dann werden Lebensmittel immer teurer und wahrscheinlich auch knapp. Diese Zeilen sind ein Versuch, den Menschen zu erklären, dass eine Klimaanlage nicht reichen wird, um sich an den Klimawandel anzupassen und es ganz wichtig ist, sehr bald aufzuhören, unnötig Öl und Gas zu verbrennen.
Das wäre mein Wunsch für das nächste Jahr. Bitte, fliegt nicht mehr fort, bitte fahrt Rad, Öffi oder wenn schon mit dem Auto – dann möglichst bald elektrisch. Investiert euer hoffentlich vorhandenes Geld in eine klimafreundliche Heizung oder in erneuerbare Energien. Ich gebe zu, das hört sich sehr fordernd an, aber was kommt, wenn wir nichts ändern, ist ungleich herausfordernder.
Ich wünsche trotz dieser Aussichten einen guten Rutsch ins Jahr 2024.
Jürgen Hutsteiner
Bauer aus Steyr
Anmerkung: Leserbriefe sind keine Meinungsäußerung der Klima-Allianz OÖ